Findest du auch, dass Schrittreiten langweilig ist?
Mit dieser Meinung stehst du nicht allein da! Viele Reiter sind ungeduldig und wollen am liebsten gleich lostraben oder galoppieren. Dabei wird der Schritt oft unterschätzt — völlig zu Unrecht. Die Arbeit im Schritt ist nicht nur sinnvoll, sondern kann sogar richtig Spaß machen!
Warum ist das so?
Der Schritt ist die Basis für alles!
Im Schritt kannst du dir alle Grundlagen in Ruhe erarbeiten. Die wichtigen Fragen wie: Reagiert mein Pferd durchlässig auf meine Hilfen? Wie ist mein Sitz? Locker? Ausbalanciert? Oder fühlt er sich fest an? Steif? Sind meine Hilfen fein? Oder ruckelt da was? Alles, was im Schritt klappt, funktioniert später in den schnelleren Gangarten viel leichter und präziser. Und das ist ein großer Gewinn!
Fitness und Beweglichkeit für dein Pferd.
Die gezielte Schrittarbeit stärkt den Rücken und die Bauchmuskeln deines Pferdes, so dass es dich besser tragen kann. Die Beweglichkeit der Gelenke wird gefördert und die Balance verbessert. Besonders Übergänge, kleine Tempounterschiede oder aber kleinere Trail Übungen sind eine effektive Gymnastik für dein Pferd – nur eben in Zeitlupe.
Fazit:
Die Schrittarbeit ist kein langweiliges Dahinschlurfen, sondern ein echter Geheimtipp für besseres Reiten und ein zufriedenes Pferd.
In diesem Blog zeige ich dir zwei Übungen sowie den Aufbau eines kleinen Trails für eine spannende Schrittarbeit.
Ich wünsche dir und deinem Pferd viel Spaß und Erfolg dabei!
Schrittreiten macht Spaß mit diesen zwei Übungen.
Danach gibt es Trainingseinheiten im selbst gebauten Trail. Super spannend!
Die Basis:
Sobald du los geritten bist, sichere dir zunächst die Basis:
Stimmt der Takt?
Zähle, während du Schritt reitest, leise 1–2‑3–4- im Takt mit. Jeder Hufschlag ist gleichmäßig, kein Hasten und kein Stocken. Wenn der Takt nicht stimmt, lasse dein Pferd ein paar Runden am langen Zügel frei schreiten bis es seinen Takt gefunden hat und anfängt leicht zu schwingen.
Die Verbindung zum Zügel:
Hast du eine weiche elastische Verbindung zum Zügel? Einen ganz feinen Kontakt? Ohne dass er durchhängt? Lässt du die Nickbewegung zu? Kann dein Pferd kauen?
Dein Sitz:
Schwingt dein Becken mit der Rückenbewegung des Pferdes locker mit? Ist dein Oberkörper aufrecht? Sind deine Schultern locker und auf einer Höhe? Sind sie parallel zu denen deines Pferdes ausgerichtet? Folgen deine Hände dem Pferdemaul minimal? Liegen deine Oberschenkel und Knie weich an? Begleiten deine Schenkel den Takt indem sie im Schritt den Links-Rechts-Bewegungen des Pferdeleibs folgen? Ohne zu klemmen? Sind deine Waden ruhig?
Die Körperhaltung deines Pferdes:
Die Kopf-Hals-Linie ist leicht gedehnt, kein Hochreißen, kein Tiefziehen. Der Rücken fühlt sich schwingend an. Die Ohren sind aufmerksam, dein Pferd atmet ruhig.
Sobald bei einer Übung im Schritt Probleme auftreten, kannst du immer wieder zur Basis zurückkehren, um dann die jeweilige Übung neu zu beginnen.
Erste Übung: Kleine Tempounterschiede reiten
Die Schritte verlängern:
Während du so dahin reitest, lasse dir die feinen Hilfen für diese Übung fokussiert durch den Kopf gehen:
Das Becken:
Wenn du mehr vorwärts reiten möchtest, atme ruhig ein, dadurch hebt sich dein Brustbein minimal an, dein Sitz wird “leichter“. Lasse dein Becken mit der Rückenbewegung deines Pferdes locker mitschwingen. Schiebe deine Sitzbeinhöcker nicht aktiv nach vorne!
Die Schenkel:
Deine Schenkel treiben zwei bis drei Schritte wechselseitig, um das Zulegen auszulösen. Der treibende Impuls kommt dann, wenn der Bauch deines Pferdes gegen deine jeweilige Wade schwingt. Während dein Pferd zulegt hörst du schon wieder auf aktiv zu treiben Deine Schenkel begleiten das Pferd jetzt nur noch passiv. Wenn dein Pferd den Takt verliert, gebe mit dem inneren Schenkel kleine Impulse im Rhythmus, indem du deine Wade elastisch an- und abspannst. Der äußere Schenkel wird aktiv durch kleine Impulse, wenn dein Pferd die Linie verlässt, er hält die Spur. Wenn wieder alles gut läuft bleiben beide Schenkel erneut passiv begleitend.
Die Zügel:
Der Zügel hat einen leichten Kontakt und geht mit der Nickbewegung deines Pferdes mit. Bitte beachten: Wenn dein Pferd seine Schritte verlängert, verlängert sich auch die Nickbewegung des Halses. Im Vorwärtsimpuls gibst du nun die Zügel nach, aber nur so viel, dass du eine weiche Verbindung hältst.
Nach 7–8 Schritten verkürzt du die Schritte.
Die Schritte verkürzen:
Das Becken:
Willst du das Tempo verkürzen, dann atme ruhig aus, ziehe deinen Bauchnabel minimal nach innen, dein Sitz wird etwas „schwerer“, weil sich dein Kreuzbein leicht senkt.
Lasse deine Beckenbewegung minimal kleiner werden, das heißt dein Becken bleibt einen Hauch hinter der Bewegung des Pferderückens zurück. Dein Becken folgt also der Vorwärtsbewegung nicht mehr ganz. Bitte hierbei nicht die Sitzbeinhöcker vorschieben, sondern genau darauf achten, nur die Beckenbewegung geringfügig zu verkleinern.
Lehne dich hierbei nicht nach hinten, sondern bleibe aufrecht sitzen.
Die Schenkel:
Beide Schenkel bleiben passiv begleitend und werden nur aktiv, wenn dein Pferd den Takt verliert (innen) oder die Spur verlässt (außen).
Die Zügel:
Die Schritte des Pferdes werden nun kürzer und damit wird die Nickbewegung des Pferdes weniger. Damit verändert sich auch die Zügelhilfe. Verkleinere den Winkel im Ellenbogen und schließe seine Hände gefühlvoll. Dazu fällt mir ein inneres Bild von Sally Swift ein: Halte die Zügel so, als wären es kleine Vögel- du darfst sie nicht zerquetschen, aber auch nicht davonfliegen lassen. (Aus: Reiten aus der Körpermitte von Sally Swift). So verkürzt du sanft den Zügel, ohne ihn nach hinten zu ziehen. Idealerweise fängt dein Pferd nun an zu kauen, wölbt seinen Hals auf und nickt weniger. So wird es an der Hand leichter.
Nach 7–8 Schritten verlängerst du die Schritte wieder.
Übungstipp:
Um die Übung spannender zu machen, kannst du nun die Tritte variabel verlängern und wieder verkürzen. 7 Tritte verlängern, 5 verkürzen oder 6 Tritte verlängern und dann 4 Tritte verkürzen.
Bitte denke daran: Immer mal wieder eine kleine Pause machen und dein Pferd loben.
Zweite Übung: Halt-Schritt-Halt
Vom Halt in den Schritt
Vorbereitung:
Atme ein, richte dich ruhig auf, dein Blick geht ins Geradeaus. Dein Sitz ist weich und entspannt. Du hast eine leichte Verbindung an beiden Zügeln.
Anreiten:
Beide Waden geben einen kurzen, klaren Impuls zum Antreten.
Dein Becken beginnt mitzuschwingen. Wenn du die Tendenz hast beim Antreten nach vorne zu kippen, denke: „Groß werden“!
Deine Hände bleiben elastisch und gehen minimal vor. Wenn du unruhige Hände hast, docke sie kurzfristig an die Ellenbogen an. Löse sie dann wieder und trage deine Hände, damit sie nachgiebig bleiben. Achte darauf, den feinen Kontakt nicht zu verlieren. Eine Dehnung im Hals zulassen.
So sieht´s gut aus:
Dein Pferd geht ohne Eile, der Takt ist rein, die Nickbewegung gleichmäßig. Der Schweif pendelt entspannt.
Aus dem Schritt in den Halt:
Vorbereitung:
Atme länger ein, dadurch hebt sich dein Brustbein, dein Sitz wird „leichter“. Dein Pferd wird so aufmerksam, weil es die Veränderung in deinem Sitz spürt. Dann atmest du wieder bewusst aus.
Zum Halt kommen:
Am Ende des Ausatmens spannst du deine Bauchmuskeln leicht an. Schließe deine Finger weich und öffne sie sofort wieder.
Lasse dein Becken nicht mehr in der Amplitude der Rückenbewegung deines Pferdes mitschwingen, sondern bleibe einen Ticken hinter dieser Bewegung zurück.
Deine Waden liegen weich, passiv begleitend an.
Läuft dein Pferd weiter, schließe deine Hand nochmal sanft und öffne sie sofort wieder.
Wenn die Füße deines Pferdes ruhig stehen bleibt deine Hand weich und gibt den Zügel minimal vor. Dein Sitz ist neutral und entspannt.
Bitte beachte: Das Hauptsignal zum Halten geht vom Becken aus! Indem du die Beckenbewegung kleiner machst, signalisiert du deinem Pferd das Tempo zu verlangsamen bis hin zum Halt. Daraus ergibt sich:
Das Anhalten beginnt im Sitz, wird von den Schenkeln begleitet, die Hand verwahrt nur kurz und gibt sofort wieder nach.
So sieht´s gut aus:
Die vier Beine deines Pferdes stehen still, es steht gerade, zieht am Zügel nicht dagegen, der Hals ist entspannt und: Vielleicht kaut es sogar ganz relaxt!
Übungstipps:
Fünf Mal in Folge: Halt‑6–8 Tritte Schritt-Halt. Dazwischen loben und 3 Atemzüge ruhig stehen.
Die gleiche Übung auf der Mittellinie reiten.
Anhalten auf den Punkt: Zum Beispiel in der Mitte der kurzen und langen Seite.
Zum gelungenen Abschluss:
Einige Runden im entspannten vorwärts/abwärts reiten.
Dritte Übung: Trail Reiten
Vorteile des Trail-Reitens:
So ein Trail ist viel Abwechslung und macht gute Laune! Aber ihr übt auch viele Basics: Lenken, zügelunabhängiges Reiten, ruhig sitzen, fair einwirken und ganz viel Vertrauen!
Vorbemerkungen zum Trail Reiten:
Wir gestalten aus alltäglichen Dingen einen Trail und durchreiten ihn im Schritt. Vorher aber einige Grundregeln:
Übe mit deinem Pferd erst vom Boden aus, dann erst reiten.
Immer im Schritt bleiben, Tempo bringt Unruhe ins Spiel.
Wenige Hindernisse sind genug für den Anfang — lieber kurz und erfolgreich.
Achte darauf: Keine losen Nägel, nichts mit scharfen Kanten, keinen rutschigen Untergrund.
Stangen: Am besten Softstangen, das minimiert das Verletzungsrisiko.
Let´s start!
Bodenstangen- Weg:
Lege 2–3 Softstangen hintereinander im Schrittmaß-Abstand von 80–90 cm auf den Boden. Lasse dein Pferd die Stangen zunächst vom Boden aus überschreiten, entweder durch Führen oder Longieren im Schritt. Dann vom Sattel aus.
Was bringt´s?
Dein Pferd lernt gleichmäßig zu schreiten, den Takt zu halten. Du lernst im Takt mitzuschwingen.
Slalom durch Pylonen oder umgedrehte Eimer:
Stelle 5–7 Pylonen (alternativ umgedrehte Eimer) hintereinander in einem Abstand auf, den dein Pferd gut bewältigen kann. Der Abstand richtet sich nach der Größe deines Pferdes. Führe es zunächst um die Pylonen, dann umreite die Pylonen.
Was bringt´s?
Versuche die Pylonen ohne Zügelhilfen zu umreiten. Lenke dein Pferd nur mit Gewicht und Schenkeln. Das fördert einen zügelunabhängigen Sitz.
Tor aus Besenstielen:
Stecke zwei Besenstiele senkrecht in Pylonen und stelle sie zunächst in einem größeren Abstand voneinander auf. Mit zunehmender Sicherheit verkleinerst du den Abstand, soweit das gefahrlos möglich ist. Führe dein Pferd zunächst durch das Tor, dann durchreite es.
Was bringt´s?
Du wirst sicher im Geradeaus reiten, indem du dein Pferd mit den Schenkeln einrahmst. Dein Pferd findet Vertrauen, indem es lernt, sicher durch Begrenzungen zu gehen.
Über eine Plane oder Teppichstück:
Lege eine feste Plane oder einen alten Teppich auf den Boden. Führe dein Pferd zunächst darüber. Gehe es langsam an! Dein Pferd darf stehen bleiben und schnuppern und die Plane/den Teppich langsam überschreiten. Wenn alles gut klappt, übe vom Sattel aus.
Was bringt´s?
Dir: Eine vertrauensbildende Übung. Deinem Pferd: Gewöhnung an ungewohnte Untergründe.
Zum Schluss:
Ich hoffe, die Übungen haben dir und deinem Pferd gefallen und euch inspiriert immer mal wieder eine gemeinsame Übungsrunde im Schritt einzulegen. Der Schritt ist die Gangart , in der du am stärksten spüren kannst, ob dein Pferd dir zuhört und ihr so einen schönen gemeinsamen Rhythmus findet. Wenn du hier aufmerksam und fair mit deinem Pferd arbeitest, legst du ein stabiles Fundament für alles, was danach kommt.
Der Schritt ist nicht immer nur als Aufwärmphase zu verstehen, sondern schafft im Üben eine wichtige Basis für Kraft, Balance und Losgelassenheit. Und nicht zu vergessen: Eine harmonische Arbeit im Schritt schafft eine neue Qualität der Freundschaft zwischen dir und deinem Pferd!
Viel Freude bei der gemeinsamen Arbeit wünscht Euch
Indy
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